Jahre lang wehrte sich das Parlament, etwas für den Ausbau von 5G zu machen. Immer wieder wurde die heisse Kartoffel an die Verwaltung zurückgegeben. In der vergangenen Session ist endlich etwas passiert.
Die Motion 20.3237 ist überweisen worden. Sie beauftragt den Bundesrat, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Einführung der fünften Generation des Mobilfunkstandards (5G) zu ermöglichen. Dabei sollten die Strahlungsgrenzwerte, die heute gelten, unverändert bleiben.
Die Motion formuliert: «Das Ziel ist dabei anzustreben, dass es den Anbietern innerhalb der nächsten fünf Jahre möglich ist (d.h. bis 2024), ein qualitativ hochwertiges nationales 5G-Netz zu möglichst geringen Kosten aufzubauen. Die zu ergreifenden Massnahmen wurden in der vom UVEK beauftragten Arbeitsgruppe ‹Mobilfunk und Strahlung› in ihrem Bericht mittels verschiedener Optionen deutlich aufgezeigt.»
Das Heft in die Hand nehmen
Damit hat das Parlament das Heft in die Hand genommen. Denn das bisherige Warten auf die Exekutive und auf die Kantone hat sich als falsch erwiesen. Der Bundesrat übergab die heisse Kartoffel des 5G-Ausbaus an die Kantone. Diese stellten sich auf den Standpunkt, dass ohne Bundesgesetzgebung nichts zu machen wäre. Damit sind etwa 8 Jahre verloren gegangen. Die Räte wollen nun aufholen.
Christian Wasserfallen (FDP/BE) führte als Berichterstatter der Kommissionsmehrheit an: «Wichtig ist, dass diese Motion jetzt endlich durchkommt und ein positives Zeichen setzt; aber nicht nur das, sondern sie soll der Verwaltung auch den Rücken stärken in Bezug auf die Verordnungsgebung und den Vollzug dieser ganzen Baubewilligungsverfahren usw. Wir müssen dort innerhalb dieser Anlagegrenzwerte und auch beim Immissionsgrenzwert das Maximum ausschöpfen können.»
Krieg der Grenzwerte
Gegner von 5G argumentieren immer mit den angeblich hohen Strahlungen, die von den Antennen ausgehen. Das ist aber gleich mehrfach falsch.
Erstens: Die Anlagegrenzwerte liegen in der Schweiz – je nach Frequenz – zwischen 4 und 6 Volt pro Meter. Das ist weit unter dem Maximum, das die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt.
Zweitens: Gegen 90 Prozent der Strahlung, die Menschen beim Mobilfunk aufnehmen, stammt vom eigenen Endgerät. Dann ist es so, dass je besser die Versorgungsqualität eines Mobilfunkgerätes ist, desto weniger muss das Mobilfunkgerät an Strahlung aufbauen, um die Verbindung herstellen zu können. Je flächendeckender ein Netz ausgebaut ist und je weniger Löcher dieses Netz hat, desto weniger Leistung müssen die Endgeräte aufbringen, um funktionieren zu können. Das heisst: mehr leistungsfähige Antennen – weniger Strahlung.
Drittens: 5G kann grössere Datenmengen mit deutlich weniger Strahlungsbelastung transportieren. Man spricht von etwa 10-mal mehr daten als 4G. Wer also an weniger Strahlung interesseiert ist, sollte sich dafür einsetzen, die alten Generationen 1–4 zu dekommissionieren. Nur 5G verspricht mehr Daten und weniger Strahlung.
Noch harrt der Ausbau
Die Telekommunikationsversorger müssen das Netz erst noch ausbauen. Trotzdem ist 5G in der Schweiz heute schon Realität. Teilweise. Und nur hoch konzentriert in den Zentren. Der Entscheid des Parlaments gibt dieser Realität eine Legitimation und spornt den weiteren Ausbau an. Denn um die Strahlung zu senken, soll das 5G Netz möglichst dicht sein.
Jubel ist fehl am Platz. Die Schweiz hinkt schon mehrere Jahre in diesem Ausbau hinterher. Und es ist damit zu rechnen, dass trotz Parlamentsenstscheid Beschwerden gemacht werden. Aber für 5G gilt es halt auch, dass die Bewegung Schritt für Schritt vollzogen wird.
Henrique Schneider