Biodiversität im Siedlungsgebiet fördern

    Wie kann in den Aargauer Gemeinden wieder mehr Artenvielfalt gedeihen? Antworten auf diese Frage entwickelten die Teilnehmende der Vernetzungsplattform Natur 2030, welche Anfang April erstmals durchgeführt wurde. An der Veranstaltung wurde zudem der neu geschaffene Aargauer Naturpreis zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsgebiet angekündigt.

    (Bilder: © Kanton Aargau) Die erste Vernetzungsplattform Natur 2030 in Aarau beschäftigte sich mit der Naturvielfalt in Siedlungsgebieten.

    Mit dem Programm Natur 2030 will die Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements Bau, Verkehr und Umwelt unter anderem mehr Naturvielfalt auch in das Siedlungsgebiet bringen. Um den Dialog zwischen den Akteuren zu intensivieren, Kooperationen anzustossen und aufzuzeigen, wie entsprechende Projekte unterstützt werden können, hat sie nun erstmals zur Vernetzungsplattform Natur 2030 eingeladen. Über hundert interessierte Personen von Gemeinden, aus der Immobilienbranche und dem Landschafts- und Gartenbau trafen sich in Aarau mit Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten, privaten Gartenbesitzenden und Naturschutzvertretenden zu diesem Werkstattanlass.

    Der Handlungsbedarf ist gross, denn um die Biodiversität steht es nicht gut. Damit ist auch die Lebensgrundlage der Menschen in Gefahr. Obwohl das Siedlungsgebiet viele Möglichkeiten für die Förderung naturnaher Flächen bieten würde, herrschen in Aargauer Städten und Agglomerationen oft Asphalt, Steinwüsten und eintönige Rasenflächen vor. Dabei könnten vielfältige, naturnahe Flächen für die Biodiversität gleichzeitig zur Anpassung an den Klimawandel beitragen und attraktive Orte zum Verweilen und für die Naherholung bieten.

    Beitrag zur «Ökologischen Infrastruktur»
    «Was es zur langfristigen Erhaltung der Biodiversität braucht, ist ein Netzwerk an ökologisch wertvollen natürlichen und naturnahen Flächen, die gross genug und miteinander so gut vernetzt sind, dass unterschiedlichste Arten starke Lebensgemeinschaften entwickeln und zwischen diesen Lebensräumen wandern und sich austauschen können», erklärt Simon Egger, Leiter der Sektion Natur und Landschaft in der Abteilung Landschaft und Gewässer. Zu einer solchen «Ökologischen Infrastruktur» könne das Siedlungsgebiet einen grossen Beitrag leisten. Möglichkeiten gebe es viele, beispielsweise in öffentlichen Freiräumen, bei Schulhausumgebungen, auf Aussenräumen von Wohnsiedlungen, in Privatgärten, auf Industriearealen, entlang von Bachläufen, ja sogar entlang von Bahn und Strasse. Es brauche ein Vielfaches der heute nur spärlich vorhandenen ökologisch wertvollen Flächen, um die Biodiversität langfristig zu erhalten.

    Gut besucht: Die Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements Bau hat zur ersten Vernetzungsplattform Natur 2030 eingeladen.

    Den Dialog und Kooperationen stärken
    «Doch weder Kanton noch Gemeinden können dies alleine leisten. Vielmehr sind Akteure aus der Privatwirtschaft, von öffentlichen und privaten Körperschaften wie auch gemeinnützige Organisationen und Private eingeladen, gemeinsam wirksame Lösungen zu entwickeln und umzusetzen», so Egger weiter. Hierfür wolle man eine Plattform bieten. Dass im Aargau bereits einiges läuft, zeigten verschiedene inspirierende Beispiele: Vom Nachhaltigkeitsbeauftragten der Mobimo, über den Architekten des neuen Kompetenzzentrums für Leistungselektronik der ABB in Untersiggenthal, dem Vertreter des Aargauischen Bauverwalterverbandes bis hin zur Präsidentin des Aargauer Hauseigentümerverbandes und einem Einfamilienhausbesitzer aus Küttigen. Inspiration kam auch aus dem Nachbarkanton Zürich, wo Franz Hollinger, wohnhaft in Baden und Portfoliomanager Immobilien bei der Zürcher Kantonalbank ZKB, bis 2023 die Aussenflächen aller ZKB-Filialen naturnah aufwerten lässt.

    Entwicklung und Unterstützung von Leuchtturmprojekten
    Allen erfolgreichen Projekten gemeinsam sind engagierte Einzelpersonen, die mit Neugier, Elan und Überzeugungskraft ans Werk gehen. Doch wie können solche Leuchtturmprojekte in die Breite gehen? Was braucht es, damit die Biodiversität bei Planung, Bau und Unterhalt einen ähnlichen Stellenwert bekommt, wie die bereits besser etablierte Klimaneutralität? Um solche Fragen zu klären und Kooperationen für konkrete Projekte aufzugleisen, gab es drei parallele Workshops für Gemeinden, Immobilienbranche und Firmen, sowie Gartenbau und Private. In den intensiven Diskussionen konnten einige Lösungsansätze angedacht und Kontakte geknüpft werden, die es wert sind, weiter vertieft zu werden.

    Beispielhafte Projekte für die Biodiversitätsförderung und den Aufbau der «Ökologischen Infrastruktur» im Siedlungsgebiet können sowohl vom Kanton (www.ag.ch/beitragswesen) wie vom Swisslos-Fonds und von Stiftungen gefördert werden, darunter die neu geschaffene Stiftung Lebensraum Aargau der Aargauer Kantonalbank, die von Geschäftsführerin Petra Miersch vorgestellt wurde.

    Neuer Aargauer Naturpreis mit prominentem Botschafter
    Für den krönenden Abschluss der Vernetzungsplattform Natur 2030 sorgte die Ankündigung des neu geschaffenen Aargauer Naturpreises. Die Abteilung Landschaft und Gewässer wird damit künftig jährlich vorbildliche Projekte zur Naturförderung auszeichnen. Im Frühling 2023 wird der Preis erstmals zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsgebiet vergeben. Projekte für den Aargauer Naturpreis können ab dem 1. Juni 2022 unter www.ag.ch/naturpreis eingereicht werden.

    Zum Schluss der Vernetzungsplattform Natur 2030 überraschte der in Aarau aufgewachsene Urs Wehrli – schweizweit bekannt mit dem Duo Ursus und Nadeschkin – als Botschafter des Aargauer Naturpreises das Publikum mit einer witzigen Video-Botschaft: «Ich gebe zu, ich liebe Ordnung, aber die Ordnung in der Natur, ist eben eigentlich die Unordnung, das Wilde und das Durcheinander, das nennt man Biodiversität». Diese tue uns allen gut, weil sie die Kreativität fördere und grosse und kleine Lebewesen glücklich mache.

    www.ag.ch/naturpreis

    pd

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