Die überhastete Umstellung auf erneuerbare Energien ist gescheitert. Und das nicht nur in der Schweiz, wie ein Blick über die Grenzen zeigt.
Die «Energiewende», einst ausgerufen in Deutschland und von der Schweiz kopiert, ist ins Stocken geraten. Das gilt für das Inland, wo die im Abstimmungskampf 2017 gemachten Versprechen nicht eingehalten worden sind. Bundesrätin Doris Leuthard versprach damals eine sichere und günstige Energieversorgung und sagte, auch die Importe aus dem Ausland seien auf lange Sicht garantiert. Fehlanzeige. Nun wollen Bundesrat und Parlament die Energiewende durch das Stromgesetz mit der Brechstange und teuren Subventionen erzwingen – auf Kosten von Natur und Landschaft.
Dass die Energiewende so nicht funktioniert, zeigt sich aber auch im Ausland, zuvorderst in Deutschland. Die Zahlen sind ernüchternd – und bedeuten nichts Gutes für die Umwelt. In unserem nördlichen Nachbarland nimmt der Anteil von Kohle bei der Stromerzeugung infolge von Energiewende und Energiekrise stark zu. «Kohleanteil bei Strom steigt auf ein Drittel», berichtete die «Tagesschau» der ARD für das Jahr 2022. Die «Abhängigkeit Deutschlands von Kohle» habe sich weiter verstärkt. «2021 hatte der Anteil noch bei 30,2 Prozent gelegen. Damit nahm die Stromerzeugung aus Kohle binnen Jahresfrist um 8,4 Prozent zu», so die ARD. Kohle sei als Energieträger für die deutsche Stromproduktion «wieder bedeutender geworden – und 2022 mit wachsendem Abstand der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland geblieben», so der «Spiegel».
«Dreckigster Energieträger überhaupt»
Der Kohlestrom in Deutschland stammt zu rund 60 Prozent aus Braunkohle und zu rund 40 Prozent aus Steinkohle. Dass ausgerechnet die Kohle und insbesondere die durch einen hohen CO2-Ausstoss berüchtigte Braunkohle zum Energieträger Nummer 1 im Ursprungsland der Energiewende avanciert ist, kann man nur als bittere Ironie der Geschichte bezeichnen.
Das Magazin «Geo» schreibt in einem Artikel über den «dreckigsten Energieträger überhaupt»: «Bei der Verbrennung von Braunkohle gelangen nicht nur Schwermetalle, Quecksilber, Feinstaub und Dioxine in die Umwelt. Der bräunliche Stoff setzt beim Verbrennen pro Kilowattstunde erzeugten Stroms besonders grosse Mengen Klimagase frei – vor allem Kohlendioxid, das wichtigste Klimagas.» Während Steinkohle – die Emissionen des Kraftwerksbetriebs und der übrigen Klimagase eingerechnet – pro Kilowattstunde zwischen 790 und 1080 Gramm CO2 freisetzen würden, seien es bei Braunkohle 980 bis 1230 Kilogramm.
Neben der Kohle- sind auch Gaskraftwerke in Betrieb, die ebenfalls nicht im Sinne der Energiewende sind. Auch ihr CO2-Ausstoss ist beträchtlich. In der Schweiz wurde in Birr im Kanton Aargau ein Notkraftwerk erstellt. Es würde «fast gleich viel CO2 ausstossen wie die Stadt Zürich», schrieb die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ). Kämen die acht Öl- und Gasturbinen zum Einsatz, würden sie Umwelt und Klima stark belasten. Im Vollbetrieb müsste täglich ein Güterzug mit 20 Kesselwagen voll Heizöl für den Nachschub sorgen.
Bahnbrechendes Windkraft-Urteil in Frankreich
In unserem zweiten grossen Nachbarland Frankreich stellt sich die Lage anders dar als in Deutschland. Die Franzosen setzen traditionell mehr auf Kernenergie und haben insofern eine bessere Klimabilanz. Probleme gibt es allerdings mit der Windenergie. Ein Gericht hat kürzlich ein Aufsehen erregendes Urteil gefällt und klagenden Umweltschutzorganisationen Recht gegeben, die unter anderem mangelhafte Abklärungen zur Lärmbelastung moniert hatten. Die Umweltverbände feierten das Urteil als «herausragenden Erfolg für den Umweltschutz, die Gesundheit der Anwohner und die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben». Betreiber und Behörden hätten systematisch entsprechende Vorschriften missachtet und versucht, «gegen den wachsenden Widerstand der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Regionen, die Errichtung von Windkraftanlagen voranzutreiben».
Mit dem Schweizer Stromgesetz sollen nun – gegenläufig zu den Geschehnissen in Frankreich – die Hürden für den Bau von Wind-, aber auch von Solar- und Wasserkraftanlagen gesenkt werden. Umwelt- und Landschaftsorganisationen hätten weniger zu sagen. Auch wer grundsätzlich mit den Zielen der Energiewende einverstanden ist, kann daher ins Grübeln geraten und durchaus zum Schluss kommen: So bitte nicht!
Redaktion