Ohne Telekommunikation fahren keine Züge und werden keine Päckchen verschickt. Deshalb ist es wichtig, die Mobilfunknetze stabil zu halten – und das funktioniert nur, wenn man mit dem technologischen Fortschritt geht. Prof. Dr. Matthias Finger zeigt, warum eine kontinuierliche Modernisierung der Kommunikationsinfrastruktur unerlässlich ist.
Ihr Titel des Buches lautet «Infrastruktur Schweiz. Ein Erfolgsmodell in Gefahr». Was sind die Gefahren im Hinblick auf die Telekominfrastruktur?
Matthias Finger: Ich sehe die Hauptgefahr darin, dass man auf politischer Ebene nicht erkennt, wie zentral die Telekominfrastruktur für das Funktionieren des Landes ist; damit meine ich die Standortattraktivität und die Lebensqualität. Nur die Elektrizität ist noch zentraler, denn ohne Elektrizität funktioniert auch Telekominfrastruktur nicht!
Welche Rolle spielt dabei der Ausbau von 5G als Basisinfrastruktur für die Festigung des Standortvorteils in der Schweiz?
5G, zusammen mit Fiberoptikkabeln, insbesondere FTTH (Fiber-To-The-Home), bilden die infrastrukturelle Basis der Digitalisierung. 5G (und Fiberoptik) sind aus meiner Sicht nicht einfach ein Standortvorteil, sie sind ganz einfach ein «must».
Was braucht es konkret, um in der Schweiz beim Mobilfunk als Basisinfrastruktur nicht den Anschluss zu verpassen?
Es wäre gut, wenn die Unternehmen, die heute die 5G-Infrastruktur in der Schweiz ausrollen, der Politik und der Gesellschaft klar machen könnten, dass es mehr als diese Telekom-Basisinfrastruktur braucht, damit das Land auch in der heutigen digitalen Welt wettbewerbsfähig wird. Ich denke hier insbesondere an digitale Service public Dienstleistungen, von gleicher Qualität, wie wir sie auch beim physischen Service Public kennen.
Sie sprechen in ihrem Buch häufig von der Digitalisierung. Warum?
Der Standortvorteil eines jeden Landes hängt letztendlich von einer erfolgreichen Digitalisierung ab. Eine gute Telekominfrastruktur ist zwar ein erster unabdingbarer Schritt in Richtung Digitalisierung, also eine erste Bedingung, aber eine gute Telekominfrastruktur führt nicht automatisch zu einer erfolgreichen Digitalisierung. Und dafür braucht es zwei ganz wichtige institutionelle Rahmenbedingungen.
Dazu gehören?
Erstens, eine umfassende und rechtlich solid abgestützte Datenpolitik, denn die Verfügbarkeit von Daten sowie der Datenschutz und die Datensicherheit sind die Grundlage dafür, dass die digitale Wirtschaft und Gesellschaft das Potential der Digitalisierung ausschöpfen kann. Eine solche umfassende, das heisst sektorübergreifende, Datenpolitik fehlt leider bis heute in unserem Land.
Zweitens braucht es für eine erfolgreiche Digitalisierung landesweite, effiziente und leicht zugängliche digitale Dienstleistungen in gewissen für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zentralen Schlüsselbereichen. Solche Schlüsselbereiche wären aus meiner Sicht mindestens der Zahlungsverkehr, die Gesundheit, die sozialen Dienstleistungen, die Dienstleistungen der Infrastrukturen (Transport, Energie, Wasser), sowie generell die Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung. All diese digitalen Instrumente müssten mit einer einfachen und unzweideutigen elektronischen Identität zugänglich sein. Dies heisst nicht, dass der Staat diese digitalen Dienstleistungen selbst erbringen muss. Aber der Staat muss, aufbauend auf einer umfassenden Datenpolitik, dafür schauen, dass diese Dienstleistungen landesweit, erschwinglich und leicht zugänglich von jemandem erbracht werden. Das Bewusstsein, dass es diese Dienstleistungen und eine sie ermöglichende Datenpolitik für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz überhaupt braucht, fehlt leider.
Henrique Schneider,
in Kooperation mit Chance 5G