Umwelttechnologieförderung – was bringt sie?

    Das Umweltschutzgesetz gibt dem Bund mehrere Aufträge. Einer davon ist, die Umwelttechnologie zu fördern. In der Sprache der Politik bedeutet Förderung Subvention. Also flossen zwischen 2017 und 2021 über 21 Millionen Franken in die Subventionierung der Umwelttechnologie. Was bringen diese Millionen konkret?

    (Bild: pixabay) Subventionen fürs Klima: Projekte werden so lange unterstützt, bis sie im Markt sind.

    Der Bundesrat publizierte kürzlich einen Bericht über die Umwelttechnologieförderung. Dort erklärt er mit Zahlen und Beispielen, was sie eigentlich bezweckt und wie sie funktioniert. Gemäss dem Bericht wirkt die Umwelttechnologieförderung am risikoreichen Ende der Innovationskette vor dem Markteintritt. Projekte werden so lange unterstützt, bis sie im Markt sind. Wenn sie aber bereits finanzielle Resultate erzielen, müssen die Projekte einen Teil der erhaltenen Subvention zurückbezahlen.

    Zum Nutzen dieser Subvention sagt der Bundesrat, dass diese Rückzahlungen nicht im Vordergrund stehen. «Viel bedeutender als diese Rückzahlungen dürfte aber der volkswirtschaftliche Nutzen sein, der z. B. durch die Vermeidung von Schäden entsteht – dadurch können Infrastruktur-, Betriebs- und Gesundheitskosten gesenkt werden», steht im Bericht.

    Kriterien
    Entsprechend müssen die angemeldeten Projekte verschiedenen Kriterien genügen, um unterstützt zu werden. Die Subvention beträgt pro Projekt nicht mehr als 50 Prozent der Kosten, entsprechend muss eine Eigenleistung dabei sein. Dann muss die vorgeschlagene Technologie im angestrebten Umweltbereich auf nationaler oder globaler Ebene die Umwelt nachweislich und im öffentlichen Interesse entlasten.

    Die vorgeschlagene Technologie muss gegenüber bestehenden Technologien einen Mehrwert bringen. Sie muss auch ein Umsetzungspotenzial auf dem Markt haben und zumindest einen Teil der Wertschöpfung in der Schweiz haben. Letztlich gehören auch Nachhaltigkeit und Teampotenzial zu den Kriterien.

    21 Millionen
    Wie wird das Geld verwendet? Der Bundesrat antwortet: «In der Berichtsperiode 2017–2021 wurden 172 Projekte mit einem Beitrag von total 21’421’556 Franken unterstützt. 78 Prozent der Fördersumme wurde für Pilot- und Demonstrationsprojekte in den Bereichen ‹Abfall, Recycling und Rohstoffe›, ‹Luft›, ‹Wasser›, ‹Klima›, ‹Lärm›, ‹Boden und Altlasten›, ‹Biodiversität› und ‹Gefahrenprävention› eingesetzt.»

    Weiter sagt er: «Mit den verbleibenden 22 Prozent wurden sogenannte ‹Flankierende Massnahmen› zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft finanziert. Das Budget wurde über die ganze Periode zu fast 100 Prozent ausgeschöpft.» Zwei Beispiele aus dem Bericht sind unten angeführt.

    Lohnt sich das wirklich?
    Man kann darüber streiten, ob solche Subventionen wirklich das bringen, was sie sollten. Auf der Ebene des einzelnen subventionierten Projekts sind sie sicher zielführend. Ob sie wirklich den erhofften gesamtwirtschaftlichen Nutzen bringen, darf angezweifelt werden. Denn die geförderten Technologien bleiben oft nicht lang im Markt. Zum Mainstream avancierten sie bisher nicht.

    Noch problematischer sind die Effekte, die man nicht sieht. Der Staat wählt hier Technologien aus. Im Gegenzug erteilt er den nicht ausgewählten Technologien eine Abfuhr. Ob das seine Rolle ist, darf hinterfragt werden.

    Henrique Schneider


    Beispiel 1:
    Aus Urin wird Pflanzendünger

    (Bild: pixabay) Aus 1000 Liter Urin lassen sich rund 70 Liter Dünger gewinnen.

    Im menschlichen Urin stecken die wertvollen Nährstoffe Stickstoff und Phosphor, die über die Toilette ins Abwasser gespült werden. Tagtäglich gehen so grosse Mengen an Ressourcen verloren, die man zum Düngen von Pflanzen verwenden könnte. Stattdessen gelangen sie zum Teil in die Flüsse und Seen, denn in den Kläranlagen wird nur knapp die Hälfte des Stickstoffs eliminiert.
    Im Rahmen des Forschungsprojekts Vuna hat die Eawag eine Technologie entwickelt, die über 98 Prozent der Nährstoffe aus dem Urin zurückgewinnt und daraus einen Dünger produziert. Wichtigste Voraussetzung für diese Nährstoffrückgewinnung ist die getrennte Sammlung von Urin. Möglich machen das Trenntoiletten, die Urin und Fäkalien trennen, oder wasserlose Urinale.
    Die Herstellung des Düngers funktioniert in drei Schritten: Zunächst stabilisiert ein biologischer Prozess den Urin: Die Nährstoffe werden gebunden und der Urin verliert seinen schlechten Geruch. Ein Aktivkohle-Filter sorgt dann dafür, dass die Medikamenten- und Hormonrückstände aus dem Urin entfernt werden. Zuletzt wird die Flüssigkeit eingedampft: Aus 1000 Liter Urin lassen sich so rund 70 Liter Dünger gewinnen.
    Die Eawag liess ihre Technologie patentieren und übergab die Lizenz für die Nutzung und Weiterentwicklung an die Vuna GmbH, ein Spin-off der Eawag. Dieses vermarktet nun den Recycling-Dünger Aurin, der seit 2018 in der Schweiz und seit 2022 auch in Österreich zugelassen ist. Um das Thema «Nährstoffrecycling» einem breiten Publikum bekannt zu machen, hat die Vuna GmbH eine mobile Anlage («Urin-Express») entwickelt, die 2020 in Biel und Zürich zum Einsatz kam.
    Auch konnte so die Urinaufbereitung erstmals ausserhalb von kontrollierten Laborbedingungen getestet werden. Die Erkenntnisse aus dem Anlagenbau und den Feldversuchen fliessen in die Planung weiterer Anlagen mit ein.
    Das Verfahren findet Anklang, vor allem für stationäre Anlagen. Die EPFL baut nun alle Toiletten der Hauptgebäude auf Urintrennung um und wendet in Zukunft das Vuna-Verfahren an, um Aurin-Dünger herzustellen. Das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL prüft den Einbau der Technologie in diversen Bundesbauten. Zudem konnte mit der Firma Laufen eine renommierte Partnerin gewonnen werden, die eine neuartige Urin-Trenntoilette auf den Markt gebracht hat.
    Werden die Nährstoffe ohne Umwege aus dem Urin zurückgewonnen und nicht aus dem verdünnten Abwasser entfernt, so spart dies natürliche Ressourcen und Energie ein. Zudem ersetzt der Recycling-Dünger importierten Kunstdünger, der unter hohem Energieaufwand produziert wird und schädliche Stoffe wie z. B. Cadmium enthalten kann.


    Beispiel 2:
    CO2 im Beton speichern

    (Bild: Pexels) Ziel ist es, in der Schweiz die CO2-Speicherung im Beton zum Industriestandard zu machen.

    Beton ist der meistgenutzte Baustoff der Schweiz. Allerdings verursacht die Produktion des beigefügten Zements (Bindemittel) hohe CO2-Emissionen, was sich in der hohen CO2-Bilanz des Betons bzw. der Betonbauten spiegelt.
    Die Firma Neustark hat gemeinsam mit der ETH Zürich ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die CO2-Bilanz des Betons verbessern lässt – über eine Senkenleistung: CO2 wird aus der Atmosphäre entnommen und in Recycling-Betongranulat gespeichert. Dieses Granulat wird in speziellen Reaktoren mit reinem CO2 begast, das sich in den Mikroporen zu Kalkstein umwandelt.
    Das Granulat dient als Ersatz für den Kies im Beton und fällt beim Abbruch und Recyclen von Betonbauten an. Im Gegensatz zum Rohstoff Kies ist das Granulat keine Mangelware: In den nächsten Jahrzehnten ist mit einem starken Anstieg der abgebrochenen Betonmengen zu rechnen.
    Dass das Verfahren auch im Industriemassstab funktioniert, konnte die Neustark AG zusammen mit verschiedenen Partnern im Rahmen des Recarb-Projekts demonstrieren. In der Demonstrationsanlage wurde CO2 aus einer Biogasanlage verwendet. Versuche zu den mechanischen Eigenschaften des karbonatisierten Betongranulates in verschiedenen Betonmischungen zeigten, dass die Druckfestigkeit des Betons bei der Verwendung von karbonatisiertem Granulat im Vergleich zu unbehandeltem Recyclingkies sogar höher war.
    So kann bei der Verwendung von recyceltem Betongranulat mithilfe der Karbonatisierung der energieintensive Zementanteil verringert werden. Beachtlich ist auch die Senkenleistung des Granulats: 800 Tonnen Betongranulat speichern 6,5 Tonnen CO2. Gegenüber einer konventionellen Betonbauweise verringert sich der CO2-Ausstoss damit um 7 %.
    Negativemissionstechnologien (NET) wie das Recarb-Verfahren sind ein integraler Bestandteil der Klimapolitik, denn allen Bemühungen zum Trotz wird es nicht gelingen, die Treibhausgasemissionen auf null zu senken. Um das Netto-Null-Ziel der Schweiz bis 2050 erreichen zu können, werden wir deshalb auf die CO2-Entnahme und Speicherung im grossen Massstab angewiesen sein. Für das Recarb-Verfahren wurde bereits ein Patent beim europäischen Patentamt eingereicht.
    Zudem entwickelte die Neustark AG eine funktionierende Wertschöpfungskette – von der CO2-Versorgung über die Aufbereitung von Betongranulat und die CO2-Speicherung bis hin zur Zertifizierung der «Negativen Emissionen» und dem Verkauf der Zertifikate. Ziel ist es, in der Schweiz die CO2-Speicherung im Beton zum Industriestandard zu machen. Das Verfahren wurde bereits beim Bau der städtischen Überbauung im Burgernziel in Bern eingesetzt und wird auch beim Neubau der niederländischen Zentralbank angewendet.

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