Eine grossangelegte Datenauswertung der renommierten Yale University zeigt: Die Schweiz gehört weltweit zu den saubersten und nachhaltigsten Ländern. Das verdankt sie nicht zuletzt ihrer wissenschaftlich-technischen Innovationskraft.
Im Getöse aktueller umweltpolitischer Auseinandersetzungen verlieren manche Akteure manchmal den Blick für das grosse Ganze. Ist unser Land eine toxische Dreckschleuder und notorische Umweltsünderin, die mit radikalen politischen Massnahmen auf den rechten Weg gebracht werden muss? Hinterlassen wir unseren Nachfahren eine ressourcengeplünderte Wüste? Oder dürfen sie sich im Gegenteil auf eine intakte Natur und blühende Landschaften freuen?
Die Antworten auf diese Fragen hängen natürlich vom jeweiligen Blickwinkel ab – und auch von künftigen Entwicklungen. Sicher aber ist: Die Schweiz gehört bereits heute weltweit zu den Klassenbesten, was Umweltschutz und Nachhaltigkeit angeht. Dies belegen Zahlen und Fakten.
Anreiz für Verbesserungen beim Umweltschutz
Eine der umfassendsten Studien dazu liefert der jährliche Environmental Performance Index (EPI) der angesehenen Yale University in den Vereinigten Staaten. Dieser Index basiert auf umfangreichen Daten. Dabei werden 32 Indikatoren in elf verschiedenen umweltrelevanten Kategorien berücksichtigt. Dazu zählen etwa Luftqualität, Artenvielfalt, Klimawandel, Landwirtschaft oder Wasser. Am Ende liefert der Umweltleistungs-Index eine Rangliste von 180 Ländern um den Globus.
Die Forscher wollen so einen internationalen Vergleich ermöglichen und Anreize für politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger schaffen, wo es in ihren Ländern noch Aufholbedarf gibt.
Schweizer Trend zeigt klar nach oben
Im aktuellen Index für das Jahr 2020 liegt die Schweiz von allen 180 Staaten mit einer Gesamtpunktzahl von 81,5 auf dem dritten Rang. Besser schneiden nur noch der Kleinststaat Luxemburg und Dänemark ab. Der weltweite Durchschnittswert liegt bei 37,3.
Interessant ist dabei auch die Veränderung in den letzten zehn Jahren. Der Umweltleistungs-Index zeigt nämlich auch an, ob die einzelnen Staaten Fortschritte oder Rückschritte gemacht haben beim Umweltschutz. Bei der Schweiz ist der Trend klar positiv: Sie verbesserte sich im vergangenen Jahrzehnt um 8,6 Punkte. Und dies trotz eines vor allem zuwanderungsbedingten Bevölkerungswachstums.
Das zeigt: Die Schweiz ist beim Umweltschutz auf dem richtigen Weg. Was nicht heisst, dass sie sich in bestimmten Bereichen nicht noch weiter verbessern kann.
Schweiz ist die Nummer 1 beim Trinkwasser
Wie schneidet die Schweiz nun in den verschiedenen Kategorien ab? Auch darauf liefert der EPI, der übrigens Online benutzerfreundlich studiert werden kann (epi.yale.edu), aufschlussreiche Antworten – gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Debatten um Trinkwasser, Pestizide und CO2 und den damit verbundenen Volksabstimmungen vom 13. Juni.
Bei Trinkwasser und Abwasser ist die Schweiz weltweit die Nummer eins.
Auch bei der Luftqualität, den Schwermetallen und dem Bereich Abfallmanagement/Recycling liegt sie hervorragend im Rennen.
Das sind alles Bereiche, welche die Yale-Statistiker als gesundheitsrelevant bezeichnen. Man kann also sagen, dass es sich – was die Umwelteinflüsse betrifft – in kaum einem Land so gesund leben lässt wie in der Schweiz. Anders als man vielleicht meinen könnte, sind es nämlich nicht etwa die wenig entwickelten Drittweltländer, sondern im Gegenteil die Industriestaaten mit ihrer ausgebauten Infrastruktur und Technik, die ihren Bewohnern die gesündeste Umgebung bieten.
Rückstand bei der Biodiversität
Weniger gut schneidet die Schweiz hingegen in jenen Bereichen ab, die ein lebendiges Ökosystem betreffen. Zwar ist sie hier insgesamt immer noch weltweit auf Rang 8. Aber in einzelnen Kategorien gibt es deutliche Ausschläge nach unten.
So belegt die Schweiz bei der Biodiversität lediglich Platz 82. Auch in der Kategorie «Landwirtschaft» hinken wir hinterher (Rang 57). Allerdings ist hier die Datenbasis schmaler als in anderen Bereichen. Die Auswertung beschränkt sich dabei auf den sogenannten Sustainable Nitrogen Management Index (SNMI), der die Verwendung von Stickstoffdünger in ein Verhältnis zu den Ernteerträgen setzt.
Beim Klimawandel top
Von besonderem Interesse – nicht zuletzt im Hinblick auf die Abstimmung über das neue CO2-Gesetz – ist natürlich die Kategorie «Klimawandel». Hier rangiert die Schweiz unter den Top-Nationen (Rang 5). Aufschlussreich ist der 10-Jahresvergleich: Er zeigt, dass die Schweiz seit 2010 ganze 23.5 Punkte auf der EPI-Skala nach oben geklettert ist. Mit knapp einem Tausendstel des weltweiten Ausstosses tendiert der Einfluss der Schweiz auf das Klima ohnehin gegen Null.
Grundlage für eine evidenzbasiere Umweltpolitik
Auch wenn man jedes Ranking irgendwo relativieren kann – der Environmental Performance Index bietet eine evidenzbasierte Grundlage für die Umweltpolitik in der Schweiz. Die Bilanz ist insgesamt hervorragend, die Schweiz ist beim Umweltschutz Weltspitze. Dafür verantwortlich sind nicht zuletzt der immer noch vergleichsweise liberale Ansatz der Umweltpolitik und die Innovationskraft, die unsere Forschung und unseren Wirtschaftsstandort auszeichnet. Wir tun zweifellos gut daran, diese Qualitäten weiter zu stärken und nicht in ideologisch übersteuerten Dirigismus zu verfallen.
Philipp Gut