«Ohne Natur geht es nicht»

    Nando Oberli ist mit seinem Start-up Oberli & Oechsle auf Erfolgskurs. In seinem Weingut im zürcherischen Eglisau setzt er auf Nachhaltigkeit, eine Kombination aus Tradition und Moderne und einer grossen Portion Emotionen. Denn, wer seinem Wein eine Geschichte gibt und Emotionen weckt, macht den Weinkauf zum süffigen Erlebnis.

    (Bilder: zVg) Weine erleben: Seine Reben und Weine sind für Nando Oberli Passion – er möchte mit seinem Handwerk Geschichten erzählen und Emotionen wecken.

    Was am Berufsparcours des Gewerbevereins Eglisau begann, entwickelte sich zu einer Erfolgsstory. Dann lernte Nando Oberli den Beruf des Winzers näher kennen. Der Funke sprang über und der damals 15-Jähige lies sich als Winzer EFZ ausbilden. «Nach einigen Jahren auf verschiedensten Weingütern in der Schweiz und dem Studium zum HF Weibautechniker wollte ich meine eigenen Reben bewirtschaften.» So wagte er mit 23 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit und pachtete seinen ersten eigenen Rebberg in Hüntwangen. Nach knapp fünf Jahren kann der engagierte Jungunternehmer eine positive Bilanz ziehen. «Wir haben die Betriebsgrösse von den 35 Aaren auf knapp vier Hektaren vergrössert.» Seine Produktion ist also um mehr als das zehnfache gewachsen und der Verkauf zieht mit. «Wir wachsen – zufrieden sind wir aber noch nicht», stellt Oberli fest. Der junge Winzer ist ein Macher und weiss, was er will. Ein grosser Meilenstein in der noch jungen Firmengeschichte ist das erfolgreiche Crowdfunding im letzten Jahr. «Ich habe 27’000 Franken in zwei Monaten gesammelt, um einen neuen Rebberg in Hüntwangen anzulegen. Die Idee war, so auch die noch etwas unbekannten pilzwiederstandfähigen PIWI Rebsorten bekannt zu machen», sagt Oberli. So wurden 2022 die Muscaris Reben gepflanzt. Mit einem ersten Vollertrag rechnet der innovative Winzer im Jahr 2025.

    «Nach so wenigen Jahren Erfahrung gleich mit dem aller ersten Pinot Barrique in der Elite der Schweizer Weinwelt mitzuspielen, ist ein absolutes Highlight.»

    Ein grosser Erfolg in seinem Werdegang als aufstrebender Winzer ist die Goldmedaille, die Oberli letztes Jahr mit einem Pinot Barrique gewann. Seine edlen Tropfen gelangten am Grand Prix du Vin Suisse unter die 20 besten Schweizer Pinot Noirs. «Auf diesen Wein und diese Auszeichnung bin ich stolz. Nach so wenigen Jahren Erfahrung gleich mit dem aller ersten Pinot Barrique in der Elite der Schweizer Weinwelt mitzuspielen, ist ein absolutes Highlight.»

    Höchste Qualität und verankert mit der Region
    Das wichtigste Standbein des Weingutes Oberli & Oechsle im zürcherischen Eglisau ist der klassische Weinverkauf. Davon verkauft Oberli zwei Drittel direkt über seinen eigenen Laden in Eglisau. «Ich verkaufe meine Weine am liebsten in meinem Geschäft. Dort spüre ich die Kunden – und noch viel wichtiger – die Kunden spüren mich.» Der restlich Drittel geht an Restaurants und Wiederverkäufer. «Meine Weine sind in 12 Restaurants in und um Zürich erhältlich und ich bediene drei kleinere Weinhändler mit meinen Weinen.» Natürlich findet man alle Weine auch im Onlineshop, doch der macht mit 10 Prozent einen kleinen Verkaufsanteil aus. Oberli bewirtschaftet vier Hektaren Reben im Rafzerfeld. Der junge dipl. HF Weinbautechniker kennt dieses Weingebiet bestens, ist er doch dort aufgewachsen. Was das Rafzerfeld auf jeden Fall in aller Hinsicht prägt, sind die Kiesgruben. «Zum einen prägt der Kies unter der Humusschicht natürlich unsere Weine, ebenso die aktuellen Gruben prägen unser Klima. In den tiefen kargen Gruben erhitzt sich die Luft, und steigt wieder auf, dies führt zu konstanter Zirkulation», erklärt Oberli. Und doppelt nach: «Selbst, wenn die Gruben wieder verschwinden, beeinflussen sie unsere Weine noch.» Die grossen Betreiber dieser Gruben sind nämlich zur Renaturierung der ausgeschöpften Gruben verpflichtet. Und genau in diesen renaturierten Flächen entstehen wunderbare Biodiversitätsflächen und ein gesundes und vielfältiges Ökosystem.

    Zahlreiche Events sorgen für ein fröhliches Erlebnis und wecken Emotionen.

    Höchster Qualitätsanspruch und Verbundenheit zur Region und Natur haben Priorität im Weingut Oberli & Oechsle. Das oberste Gebot dabei sind reife und gesunde Trauben. «Dies können wir vor allem mit unseren Pflanzenschutzmassnahmen und verschiedensten Laubarbeiten im Rebberg beeinflussen.» Eine wichtige Rolle spielt auch der Ertrag: «Wenn eine Rebe ihre Kraft auf 2 kg verteilen muss, oder nur auf 1,2 kg Trauben, macht das natürlich einen grossen Unterschied in der Reife.»

    Harmonie und Nachhaltigkeit
    Oberli setzt zudem auf eine Kombination aus Tradition und Moderne. Traditionell bestehende Pinot Noir Anlagen sowie Riesling-Silvaner und Räuschling, aber auch neu angelegte Rebbergen, bestockt mit PIWI Sorten – die von Natur aus nicht besonders anfällig sind für Krankheiten und kein oder besonders wenig Pflanzenschutzmittel benötigen. Dazu gehören Muscaris, Sauvignier Gris, Divico, Solaris, Johanniter und Maréchal Foch. «Durch Kreuzung von Europäischen Sorten mit resistenten amerikanischen Sorten entstanden diese neuen, modernen PIWI Sorten. Mit diesen üben wir unser traditionelles Handwerk aus und keltern daraus ein traditionelles Produkt und vermarkten diesen Wein modern», erklärt Oberli. Charakteristisch für die Eglisauer Weine ist ein Spiel aus Säure und Süsse. «Ich lege sehr viel Wert auf Harmonie in meinen Weinen. Das macht sie «süffig».

    «Ich verkaufe meine Weine am liebsten in meinem Geschäft. Dort spüre ich die Kunden – und noch viel wichtiger – die Kunden spüren mich.»

    Oberli legt zudem grossen Wert auf Nachhaltigkeit, was auch ein Grund für seine Liebe zu den PIWI Sorten ist. «Wir verzichten beispielsweise auf den Einsatz von Herbiziden und wählen die anderen Pflanzenschutzmittel sorgfältig aus, um keine giftigen Mittel, die Bienen schaden könnten, zu verwenden», betont Oberli. «Mein Traum ist es, einmal nur noch PIWI Reben zu bewirtschaften, dies würde mir eine Pflanzenschutzmittel Einsparung von 75 bis 90 Prozent bringen.» Er arbeitet auch mit verschiedenen Naturschutzvereinen zusammen und setzt nachhaltige Projekte auf seinen Biodiversitätsflächen um. Dabei ist sich der Winzer bewusst, dass es ohne Natur nicht geht. «Wichtig ist, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und nichts zu erzwingen. Wir haben beispielsweise im Jahr 2021 keinen Rotwein produziert, weil die Reife und die Qualität der Trauben für mich persönlich einfach nicht ausreichend waren, um Rotwein daraus zu produzieren.»

    Allerdings steckt die Natur voller unternehmerischer Herausforderungen. Dazu gehört unter anderem die Globalisierung: «Wir schleppen fast jährlich neue Schädlinge wie die Kirschessigfliege, den Japankäfer oder die Asiatische Hornisse ein. Dies sind immer wieder neue Probleme, bei welchen es keine Erfahrungswerte gibt. Wir Winzer sind dabei auf uns gestellt.» Sein nächstes Projekt ist die Struktur seines Unternehmens zu verbessern. Ein erster Schritt dazu, hat Oberli bereits getan mit seinen ersten Angestellten, die ihn motivieren und tatkräftig unterstützen. In diesem Sinne – prosit auf einen guten Jahrgang.

    Corinne Remund

    www.oberliundoechsle.ch


    REBPATENSCHAFTEN

    Emotionen in der Flasche

    Oberli & Oechsle ist für Nando Oberli weit mehr als ein Beruf oder ein Start-up, sondern seine Passion. Er steckt seine ganze Leidenschaft zu den Reben und zur Natur in seine Produkte. «Es ist mir wichtig, dass meine Kunden mein Herzblut in meinen Weinen spüren und schmecken.» Und er ergänzt: «Ich möchte die Emotionen in der Flasche verkaufen. Sie sollen bei den Kunden im Keller lagern und reifen und dann zu einem feinen Essen mitserviert werden.» Der junge Winzer möchte mit seinem Handwerk und seinen Weinen Geschichten erzählen, Emotionen wecken und dies als süffiges Geschenk seinen Kunden mit auf den Tisch geben. Damit erhalten sie eine besondere Beziehung zu seinen Weinen. Unter demselben Kapitel läuft auch seine Idee der Rebpatenschaften: «Interessierte können eine Patenschaft beispielsweise für 5 Jahre übernehmen und werden somit Pate einer jungen PIWI Rebe. Als Zeugnis dafür erhält jeder Pate eine persönliche Urkunde und einen kleinen Plan, wo er seine Reben im Rebberg findet. Einmal pro Jahr laden ich dann alle meine Paten zum Patenanlass ein. Dort degustieren wir bei gutem Wetter direkt im Patenrebberg alle neuen Weine.»

    Solche Anlässe wie auch zahlreiche andere Events, die im Zürcher Weingut angeboten werden, sorgen für ein naturnahes und fröhliches Erlebnis im Weingut und wecken Emotionen bei den Kunden. «Meine Kunden fühlen sich gut aufgehoben und abgeholt und es entsteht eine herzliche Kundenbindung, so Oberli. Dies sei ein gutes Fundament zusammen mit der hervorragenden Qualität seiner edlen Tropfen für eine solide Stammkundschaft. Mit diesem jungen und frischen Konzept ist es nicht verwunderlich, dass der junge Winzer mittlerweile Kunden aus der ganzen Schweiz beliefert und der Kreis der Stammkundschaft immer grösser wird.

    CR

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